Puzzeln Teil 2 - wie ich es durchlebte
Beschreibung
Du gehst zu jenem Ort ,wo du glaubst Hilfe zu bekommen und machst ganz andere Erfahrungen. Ich versuche zu beschreiben, wie ich es denoch bewältigte
Puzzel Teil 2
Es zu erleben, wie andere damit umgehen und dir ihre Meinung auferlegen, ist das Eine und wie du selbst damit umgehst, ist das wesentlich Wichtigere. Darauf gehe ich für mich selbst einfach mal als Beispiel ein.
Als ich in der Kur ankam, änderte ich nichts an meinem Verhalten, ich blieb wie ich bin, ein stiller Beobachter und eigentlich auch ein Einzelgänger. Nur wenn einer auf mich zukam, schloss ich mich auf und passte mich an. Damals war das noch so. Denn da bestimmte Personen an mir nur herumkritisierten, wusste ich eigentlich nicht mehr, was gut ist und was weniger. Ich verlor dadurch mein sowieso schon schwaches Selbstbewusstsein.
Dann war da noch die Mitpatientin, die ebenfalls den Boden unter den Füßen verloren hatte, und uns sehr deutlich und klar zu verstehen geben wollte, dass sie nicht mehr leben möchte. In mir leuchtete die Alarmstufe rot. Es schoss durch meinen Körper ein unsagbar unangenehmes Gefühl, welches sich dann als Tränenausbruch bemerkbar gemacht hatte. Ich stand aus der Gruppe auf und sagte laut und deutlich: ? Bitte nicht schon wieder!? und ging eiligen Schrittes in mein Zimmer, legte mich auf den Bauch ins Bett und weinte bitterlich. Tausend/Tausende von Gedanken hielten mich in jenem Moment in Schach. Wieder versuchte ich, so wie ich es immer gewohnt war, mein Problem selbst zu bewältigen. Im Zimmer war ich allein, wir hatten jeder ein Einzelzimmer. Ich fand das auch sehr angenehm und genoss es, diese Rückzugsoase zu haben. Mein Blick war zwar auf den Wald gerichtet aber da das Haus am Berghang stand, war es ein wenig erdrückend- Ich empfand es jedenfalls so.
Irgendwann ging meine Tür auf und ein Mitpatient setzte sich zu mir aufs Bett. Sie ließ mich erzählen, was ich erlebte und warum ich so reagierte. Sie verstand mich sehr gut, und das wiederum war für mich sehr angenehm, so dass sich auch der innere Druck durch das Gespräch legte. Ich konnte dem Tag weiter entgegengehen.
Ich beschreibe diese Situation, weil die Patientin, die ihr Leben beenden wollte, nachher noch - nämlich in Bezug auf das Puzzeln- zu Wort kommt, Sie sprach mich später auf diese Situation auch an, und versprach mir, dass ich dieses Erlebnis nicht noch einmal durch sie erleben werde. Denn jene Patientin die bei mir am Bett saß, muss ihr wohl gesagt haben, warum ich so heftig reagierte.
Als man mich in der Therapiestunde auseinandernahm und als Ordnung liebend hinstellte, verstand ich rein gar nichts mehr. Ich war doch weder putzsüchtig noch ordnungsliebend. Derlei Probleme hatte ich doch gar nicht. Wenn Andere die einzelnen Puzzelteile sich anders zurechtlegten, und nun dieser direkte Angriff von allen auf meine Person.... Da ich ja sowie im Zustand der Depression war, konnte ich nicht reagieren, obwohl ich mir bewusst war, dass es nur ein Lösungsweg war. Ich wurde zunehmends stiller, zog mich in mein Schneckenhaus zurück ,um erst einmal das zu verdauen, was mir hier alles unterstellt wurde. Eigentlich war ich vollkommend überfordert mit dem was ich hier erlebte, denn ich hatte doch selbst so viel noch innerlich auf- bzw. abzuarbeiten. Und dann kam Dieses hier noch dazu. Das kannst du eigentlich Keinem erzählen, dachte ich.
Als ich versuchte, mir, ich möge meine Wünsche erkennen und sie mir erfüllen. Ich sollte meinen Platz bewusst einnehmen und verteidigen.
Ich wollte keine Wunscherfüllung. Ich wollte nur leben und wahrgenommen werden in meinem Handeln, nicht immer nur kritisiert. Ich sehnte mich danach wie Andere nach ganz normalen Erlebnissen/ganz normalem Erleben und einem unangreifbarem Leben.
Das mit dem Puzzeln, ich verstand in der gesamten Kurzeit nicht, was mir da wiederfahren ist. Einmal kam jene Patientin zu mir, der am Anfang die Lebenslust verloren gegangen war, und sagte vertrauensvoll zu mir: ?Ich puzzle auch so wie du, und das ist ok, so wie du puzzelst.? Es war zwar eine kleine Erleichterung zu wissen, dass mich hier wenigstens einer verstand, jedoch konnte ich das Gefühl nicht auslöschen, was ich hier dadurch durchlebte.
Übrigens, ich puzzelte damals nicht weiter an jenem Puzzel, ich mied den Raum so gut ich konnte. Es war jedes Mal ein schmerzhafter Stich in mein Herz, wenn ich es dort liegen sah.
Irgendeiner muss es erahnt haben und räumte es wieder ein und fort aus meinen Augen. Das Gefühl blieb mir dennoch treu, nicht so zu sein wie andere es von mir erwarteten.
So puzzelte ich irgendwann all meine Erfahrungen, Erlebnisse zusammen in verschiedene Wortgebilde und jenes Endbild, was sich mir meinem eigenen Auge dort präsentierte, hatte mich still und leise ebenfalls mit verändert. Ich betrachte heute selbstbewusst jene Erfahrungen, die ich durchlebte und ernte noch immer wundervolle Erkenntnisse daraus.
Doch eine Sache ist noch etwas schwach in mir, nämlich einige Puzzelteile bewusst laut zu verteidigen, genauer gesagt, mich selbst zu verteidigen. Aber eigentlich ist es auch gerade die leise Art, die ich selbst an mir liebe. Wer laut wird und auf seiner Position beharrt, hat oft unrecht. So prägten mich meine eigenen Erfahrungen. Lieber bedenke ich in Ruhe und Gelassenheit Dinge, die mich sehr beschäftigen und prägen.
CC BY-NC-ND © 11.01.2012 Petra-Josephine